Dienstag, 17. Dezember 2013

Aufräumen

„Na, ihr zwei“, frage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und ihren Käfig öffne, „wollt ihr wissen, was ich vorhabe?“ „Ja“, antworten beide wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen. „Ich räume jetzt auf“, sage ich. „Hä?“, erwidern sie und schauen mich ziemlich entgeistert an. „Starrt mich nicht an, als wäre ich soeben vom Mars gefallen, und steht mir vor allem nicht im Weg“, weise ich sie zurecht, während ich meine Schuhe von den Füßen streife und die Jacke ausziehe. „Ihr habt sehr richtig verstanden: Ich räume auf.“ „Du beabsichtigst genau was?“, vergewissert sich Rabatz. „Du räumst auf?“ „Man kann das auch Ausmisten nennen“, werde ich genauer. „Wo bitte“, mischt Ratz sich ins Gespräch, „liegt hier Mist?“ „Mensch, Ratz“, stöhne ich leise, „musst du mich immer nachmachen? Nimm nicht alles wörtlich und leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage.“ „Erstens“, kontert Ratz, „bin ich kein Mensch. Darauf muss ich mit Nachdruck hinweisen, das hat nichts mit übertriebenem Beharren auf wörtlicher Genauigkeit zu tun. Zweitens: Um welche Goldwaage geht es? Haben wir Gold?“ Er versucht ein Grinsen zu unterdrücken, was ihm allerdings so gründlich misslingt, dass ein Strahlen daraus wird.


Ich stupse ihn freundschaftlich mit meinem Fuß gegen den Bauch und schimpfe liebevoll: „Geh zur Seite! Genau da, wo du gerade sitzt, will ich nämlich den Schuh mit eingerissener Sohle, die Fahrradhandschuhe mit Löchern, den Rucksack mit geplatzter Naht, die verschimmelten Kastanien und noch so dies und das, was hier herumliegt, obwohl es längst in den Müll gehört, auftürmen, bevor ich es dann – sortiert nach Öko, Wertstoff, tatsächlich Müll - hinaustrage und in die entsprechenden Tonnen auf dem Hof werfe.“ „Nee, nee, nee, nee, nee“, mahnt Rabatz, als ich schon dabei bin, die Sachen in den Flur zu werfen, „das lässt du mal schön sein. Den Rucksack hängst du bitte wieder an die Türklinke zurück. Oder ist dir nicht aufgefallen, dass ich sehr gerne in ihm schaukele? Die Fellhandschuhe packst du in die Kiste mit dem ganzen Ratten-Versorgungskram, denn wenn zwei oder drei meiner Söhne hier einziehen, sobald sie von Dumbi endlich geboren und etwas später fertig gestillt sein werden, können sie sich darin einkuscheln. Kleine Ratten mögen es bekanntlich warm und weich.


Der Schuh gehört schon heute in den Käfig, der hat genau meine Größe; ein weiches Tuch zum Auspolstern wäre nicht schlecht…“ Rabatz hoppelt zum Mülleimer und zieht einen verdreckten fahrradöligen Putzlappen heraus. Ich seufze. Rabatz sieht mich aufmunternd an und gestattet mir sogleich: „Na ja, die ollen Kastanien kannst du wegschmeißen.“ „Okay“, gebe ich mich geschlagen, stelle den kaputten Schuh in den Käfig, werfe den öligen Putzlappen dazu, hänge den alten Rucksack an die Türklinke, lege die löchrigen Fahrradhandschuhe in die Ratten-Versorgungskram-Kiste und schmeiße die schimmligen Kastanien in den Öko-Mülleimer. „Dann können wir nun zu Abend essen.“ „Käse!“, ertönt der Schlachtruf. „Nein“, korrigiere ich, „habe ich nicht gekauft. Heute gibt es Obst.“ „Obst!“, rufen zwei Ratten freudig aus und folgen mir in die Küche.

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