Dienstag, 31. Dezember 2013

Unübliches Umräumen

„Warum stehst denn du mit deinem Wecker in der Hand hier im Weg herum?“, fragt mich Ratz mit leicht spöttischem Unterton, als wir uns etwa mittig zwischen den Türen von Bad und Küche vorm Schrank im Flur treffen. „Irgendwo muss ich schließlich sein“, antworte ich, „und zum Sitzen ist im Flur zu wenig Platz, also stehe ich.“ „Ja, schon“, erwidert Ratz, „aber warum mit Wecker?“ „Ich überlege, ob ich ihm dauerhaft einen Platz im Bad zuweise“, erkläre ich. „Hä?“, tönt Rabatz‘ Stimme aus dem Zimmer. „Nun ja“, setze ich meine Ausführung fort, „wenn im Bad eine Uhr ist, muss ich, wann immer ich mich körperpflegenderweise auf ein bevorstehendes Verlassen der Wohnung vorbereite, nicht immerzu zwischendurch zur Wanduhr in die Küche laufen, um zu schauen, wie viel Körperpflege – rein zeitlich betrachtet – noch möglich ist.“ „Überzeugende Logik“, räumt Ratz ein, gibt jedoch kurz darauf zu Bedenken: „Wäre es nicht klüger, den Wecker immer dorthin mitzunehmen, wo du ihn gerade brauchst? Wenn du dich wäschst, ins Bad, wenn du schläfst, ans Bett?“ „Diese Option habe ich zu Beginn meiner Überlegung durchaus erwogen, dann aber für lediglich eingeschränkt gut befunden“, kontere ich, „denn ein Wecker, der dauerhaft im Bad steht, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.“ „Na, das muss aussehen: ein mit einer Klappe nach zwei Fliegen um sich schlagender Wecker!“, wirf Ratz ein. „Ich schlage dich gleich!“, drohe ich ihm scherzhaft und fahre dann, ohne meine Worte in die Tat umzusetzen, fort: „Wenn der Wecker im Bad steht, weiß ich wie gesagt auch dort stets die Uhrzeit und zweitens muss ich, wenn er morgens klingelt, um ihn ausschalten zu können, erst aufstehen, danach durch den Flur bis zu ihm tappen, bin dann ganz sicher wach und obendrein gleich da, wo ich als erstes hinmuss: Toilette.“ „Hört sich nach einem funktionierenden Plan an“, kichert Rabatz. „Wenn du noch schlaftrunken und ohne Brille durch den dunklen Flur stolperst, stößt du dich an sämtlichen verfügbaren Schrankecken und Türklinken derartig, dass du anschließend auf jeden Fall wach bist, aber etwas unüblich ist ein Wecker im Bad schon.“ „Seit wann interessieren wir uns für Üblichkeiten?“, flüstere ich mehr vor mich hin, als dass ich tatsächlich eine Antwort erwarten würde. „Freundschaft zwischen Ratten und Menschen ist schließlich noch viel unüblicher als ein Wecker im Bad und doch alles andere als betrüblich, oder?“ Stille für einen Moment. „Ist nicht das Übliche oft das Betrübliche?“, reimt Ratz. Und auch seine Frage ist rein rhetorischer Art.

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