Sonntag, 27. Juli 2014

Fisch - lebend, küchenfertig, geräuchert

"Na, ihr fünf", frage ich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und ihren Käfig öffne, "wollt ihr wissen, wo ich heute war?" Die fünf liegen platt wie Flundern und reagieren kaum spürbar. Nun ja, ist ein heißer Tag heute. Eine gefühlte Ewigkeit später, als ich meine Frage schon fast vergessen habe, piepst Moritz plötzlich: "Wo warst du heute?" "In einem kleinen mit EU-Fördermitteln aufpolierten Touristendorf südlich von Berlin", antworte ich. "Das besondere Highlight sind nicht totzukriegende Fische. Nach dem Angeln, also nachdem man ihnen das Wasser als ihre Existenzgrundlage bereits entzogen hat, leben sie weiter und - des Wunders nicht genug - auch das Räuchern bis zur Küchenfertigkeit bringt sie nicht um. Küchenfertig geräuchert werden sie lebend verkauft." Dachs, Max und Moritz schauen sich grinsend an und beginnen, leise miteinander zu tuscheln. Rabatz wirft mir einen äußerst zweifelnden Blick zu und Ratz grummelt zynisch: "Du erwartest nicht von uns, dass wir dir dieses Märchen glauben, oder?" "Ich glaube das Werbeversprechen eigentlich selbst nicht", sage ich und kann mir ein Lachen kaum verkneifen, "aber schaut doch." Ich halte ihnen ein Photo hin, sie überwinden ihre hitzebedingte Trägheit, kommen heran und lesen:

Trebbin Blankensee

"Du musst aufhören, Verkaufsversprechen zu photographieren", kommentiert Rabatz. "Ja", fallen ihm seine drei Kinder ins Wort, "sonst werden wir noch verrückt." "Hast du lebenden Räucheraal gekauft?", erkundigt sich Dachs. "Lebenden was?", entfährt es mir entsetzt. "Na ja", rechtfertigt er sich provokant, "als Vegetarierin isst du doch lediglich keine toten Tiere." "Ihh!", kreische ich, "lasst uns dieses Gedankenexperiment bitte augenblicklich abbrechen!" "Na gut", geben Max und Moritz sich wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen geschlagen, springen synchron aus dem Käfig und umkreisen schnuppernd die Plastiktüte, die ich mitgebracht und auf dem Boden abgestellt habe. "Gemüse", komme ich ihrer Frage zuvor. "Regional, saisonal, bio. Gekauft von Bauern, die ihr Geerntetes auch selbst essen, also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht giftig." Die Ratten nicken allesamt zustimmend.

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