Donnerstag, 29. Januar 2015

Frau Müller muss weg? Nee, Hartz IV!

"Na, ihr vier", erkundige ich mich, als ich nach Hause komme, meinen Rucksack neben das Fahrrad stelle und ihren Käfig öffne, "wollt ihr von der neuesten Fehlkommunikation wissen?" "Logisch", antworten sie wie aus einem Mäulchen bzw. Schnäuzchen und spitzen die Öhrchen. "Also gut", beginne ich, hole tief Luft und erzähle dann: "Sechs Kinokarten hatte ich reservieren lassen, weil ich zusammen mit dem Aufschreiber und Maja, deren Nachbarin und ihrer Freundin sowie meiner allerliebsten einzigen Lieblingstochter im selben Kino zur selben Zeit denselben Film sehen wollte. Sicher ist sicher, man will nicht anreisen und dann erfahren, dass die Karten ausverkauft sind. Es ist nämlich ein kleines Kino. Die Freundin der Nachbarin hatte kurzfristig abgesagt, also sprach ich 1/2 Stunde vor Filmbeginn zur Frau an der Kasse, dass ich von den sechs reservierten Karten bitte fünf kaufen möchte. >>Frau Müller muss weg?<<, hörte ich und erwiderte: >>Wieso Frau Müller? Und ist es nicht völlig egal, wie die Frau heißt, die abgesagt hat?<< Die Kassiererin sah mich mit einer Mischung aus Gereiztheit und Geringschätzung an und schwieg, bis ich erlösend das Frau-Müller-muss-weg-Filmplakat an der Wand erblickte. Ah, so heißt ein Film, der zur selben Zeit gezeigt wird, wie der, den ich mit meinen Freunden sehen will, wurde mir augenblicklich klar und mit >>Wir sind jung, wir sind stark<< verriet ich den Titel des Films, für den sie mir bitte fünf statt sechs Karten geben sollte, was sie spöttisch grinsend tat." Dachs und Max halten sich daraufhin schallend lachend ihre Bäuche, Rabatz schüttelt kurz belustigt seinen Kopf und ermahnt dann seine übermütigen Söhne zur Ruhe, Moritz indes springt mir auf die Schulter, streichelt mich und wispert in mein Ohr: "Mach dir nichts daraus. Die Kinofrau ist doof."
Irgendwann später, als ich vorm Computer sitze und in Gedanken schon völlig woanders bin, springt Dachs vor mich auf den Schreibtisch und sagt unvermittelt: "Wenn Ratz noch lebte, würde er anmerken, dass deine Reaktion ausbaufähig gewesen wäre." "Welche Reaktion?", will ich wissen. Ich brauche einen Moment, bis ich weiß, wovon er redet. "Na die auf die Frage der Kartenverkäuferin im Kino, ob Frau Müller weg muss", erklärt er mir. Mir fällt es noch immer schwer, ihm zu folgen, weil ich nun in Gedanken bei Ratz bin. Aber Dachs lässt mich nicht in Ruhe gedanklich abdriften. "Dein Hinweis, dass es egal sei, wie die Frau heißt, die abgesagt hat, war ja recht originell", billigt er mir zu, "aber du hättest hinzufügen sollen, dass du Hartz heißt und eigentlich Hartz weg müsse." Ich grinse, gebe dann aber zu denken, dass ich den Film, in dem es nicht um die abzuschaffende Frau Müller geht, sehen wollte, statt weg zu müssen, Hartz IV indes weg müsse. "Jaaa", gesteht Dachs zögerlich, "diese Differenzierung hättest du sinnvollerweise in einem weiteren Sätzchen auch noch untergebracht."

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