Sonntag, 12. Juli 2015

Ähren in Ehren

„So“, sage ich, als ich nach Hause komme, mein Gepäck neben dem Käfig fallen lasse, das Fahrrad hinter mir her in die Wohnung zerre und den Tieren zuzwinkere, „da bin ich wieder.“ Moritz schaut mich vorwurfsvoll an und schweigt, Dachs liegt mit geschlossenen Augen da, blinzelt mit dem linken ein klein wenig, scheint aber, Tiefschlaf vortäuschen zu wollen, Max indes mault: „Reichlich lange warst du weg. Wo überhaupt?“ „Im Urlaub“, antworte ich. „Im Urlaub… Einfach so… Ohne uns…“, erwidert er und vorwurfsvoller könnten seine Worte nicht klingen. „Na, nun spiele mal nicht die beleidigte Leberwurst!“, ermahne ich, hebe ihn aus dem Käfig, drücke ihm einen Kuss auf sein Näschen und beteuere: „Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, ging es mir großartig, aber für euch wäre das eher keine Freude gewesen.“ „Und außerdem“, frage ich, „wie hättet ihr reisen wollen? Bei mir im Fahrradkorb?“ Dachs hört augenblicklich auf, sich schlafend zu stellen, und ruft empört: „Um Himmels Willen, nein! Entweder wir wären aus dem Korb geplumpst oder der Fuchs zu uns herein!“ „Gewiss“, pflichte ich ihm spöttisch bei. „Gut, dass ihr hier geblieben seid.“ „Hast du uns wenigstens etwas mitgebracht?“, erkundigt sich Max, der inzwischen versöhnlicher klingt. „Käse?“, präzisiert Moritz. „Nein“, räume ich ein, „Käse wächst auf mecklenburgischen Feldern nicht.“ Und ganz schnell, noch bevor irgendeine Ratte erneut irgendwelchen Unmut äußern kann, ziehe ich ein Büschel frisch geernteten Getreides aus dem Rucksack, halte ihnen eine Hand voller Ähren hin und vernehme sogleich das genüssliche Knuspern dreier verwöhnter Tiere.

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